· 

BB King

Kaum zu glauben, aber im Blues hat es die sagenumwobenen Heiligen Drei Könige wirklich gegeben!

Albert King, Freddie King und eben Riley „B. B.“ King heißen die drei fabelhaften „Kings des elektrischen Blues“, wobei Letzterer durchweg – sozusagen als Erster unter Gleichen – als der „Legendary King of the Blues“ schlechthin annonciert wird. So lautet auch die Ansage vor B. B. Kings mitreißendem Gastspiel in Dallas/Texas im Jahr 1983, bei dem wir dank „Youtube“ zumindest am Bildschirm bis heute dabei sein können.

Während sich seine Begleitband auf der Bühne des Jazz-Clubs „Nick’s Uptown“ bereits für den Gig warmgroovt, sehen wir den König der Könige, dessen Vornamenskürzel „B. B.“ schlicht für „Blues Boy“ steht, noch bei den Vorbereitungen in der Garderobe. Zunächst macht uns eine Nahaufnahme mit Kings halbakustischer Gitarre samt Namenszug „Lucille“ bekannt, von der gleich noch zu sprechen sein wird, dann schwenkt die Kamera auf den Meister selbst und zeigt ihn mit einer großen, messingfarben gefassten Sonnenbrille, wie er zum Instrument greift und sich „Lucilles“ Gurt überwirft, um die Saiten nachzustimmen. Kurz darauf zieht er sich noch schnell die gestreifte Krawatte zurecht, und schon steht King im dunklen Dreiteiler mit Einstecktuch, jetzt aber ohne Brille mitten im Zentrum des Bühnengeschehens, wo er mit dem Willie-Nelson-Klassiker „Nightlife“ ins Konzert startet.

Sein Instrument ist eine tiefschwarze Gibson ES-335 mit elfenbeinfarbenen Einfassungen – wie gesagt ein halbresonantes Modell, das im Falle von Kings Sonderanfertigung ohne die sonst charakteristischen Schalllöcher ausgestattet ist, um Rückkopplungen weitgehend zu unterdrücken, dafür aber mit dem Varitone-Drehschalter einen zusätzlichen Klangregler aufweist, dessen Einsatz eine Absenkung der mittleren Tonfrequenzen ermöglicht und damit einen sehr knackigen Sound erzeugt. Und der Kosename „Lucille“? Dieser beruht der Legende nach auf einer lebensgefährlichen Rettungsaktion von King, bei der er nach der Flucht aus einem brennenden Konzertsaal noch einmal zurückgelaufen war, um seine Gitarre aus den Flammen zu holen. Angeblich hatten sich damals zwei Männer um eine Frau namens Lucille gestritten und bei dieser Auseinandersetzung das Feuer ausgelöst …

Wir sind froh, „B. B.“ mehr als 40 Jahre später so lebendig und inspiriert aufspielen zu hören auf einer seiner „Lucilles“ (im Laufe von Kings Karriere hatte die gerettete Gitarre noch 15 Schwestern erhalten). Sobald der Gitarrist mit gefühlvollem Bending zu einem Solo ansetzt, scheint er sein Instrument in der Tat wie einen Frauenkörper zu behandeln – halb streicht er über die Metallsaiten, halb zieht er sie, sanft und fordernd zugleich, wobei er „Lucille“ ein unvergleichlich schwebendes Vibrato entlockt. Wenn King in die Gesangsparts einsteigt, klemmt er sich „Lucille“ kurzerhand unter die Achsel, um angesichts seines beachtlichen Körperumfangs mehr Bewegungsfreiheit vor dem Mikrofon zu haben, dann ertönt seine prägnante, voluminöse Baritonstimme, auch hier mit lediglich dezent angedeutetem Vibrato. Als „B. B.“ in Dallas die Elvis-Nummer „Love me tender“ bringt, vernehmen wir so nicht nur einen meisterlichen Gitarrenstar, sondern auch einen der besten Bluessänger aller Zeiten.

Wunderbar zudem, wie sich im Wechselspiel mit seinen Mitmusikern immer wieder kleine Duette ergeben, in denen „Lucille“ mit Trompete oder Saxofon regelrecht ins Gespräch zu kommen scheint, die jedoch nie in Duelle ausarten, bei denen sich die Instrumentalisten in einem Technik- und Geschwindigkeitswettbewerb zu übertreffen suchen. In diesem Sinne bietet überdies der funky Uptempo-Titel „Better not look down“ ein fantastisches Bass-Solo, das von King auf seiner „Lucille“ kongenial übernommen und brillant zu Ende geführt wird. Ganz im Zeichen der Kommunikation steht auch der Shuffle-Blues „Sell my monkey“, bei dem „B. B.“ und das Publikum den Refrain mit Hingabe abwechselnd zum Besten geben.

Weitere Anspieltipps sind „Never make a move too soon“ (22:22) und natürlich „The thrill ist gone“ (35:18), das der König des Blues einst zum Hit gemacht
hat – dies alles und noch mehr ist im Video zu sehen, das über den folgenden Link erreichbar ist:
https://www.youtube.com/watch?v=j2OXNThMj7s